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Werden Umfragen manipuliert?

Regelmäßig werden in den Medien Statistiken oder Umfrageergebnisse zu aktuellen Ereignissen präsentiert. Doch leider ist es gar nicht immer so einfach diese richtig zu interpretieren. Allzu leicht entstehen Fehlinterpretationen oder man wird absichtlich in die Irre geführt.

Deshalb sollte als erstes immer darauf geachtet werden, in wessen Auftrag die Statistik/Umfrage erstellt wurde. Denn es steht zu befürchten, dass allzu oft die Endaussagen im Sinne der Auftraggeber geschönt werden.

Wenn die Lebensmittelindustrie z.B. eine Statistik über den Zusammenhang von Fettleibigkeit und Zucker in Auftag gibt, wird dabei wohl eher nicht herauskommen, dass beides zusammenhängt.
Schwieriger wird es, wenn die Auftraggeber der Studien von Konzernen oder Parteien mit regelmäßigen Spenden bedacht werden und letztgenannte somit indirekt auch inhaltlichen Einfluss nehmen. Über diese finanziellen Zuwendungen sind die Menschen meist nicht im Bilde und können somit auch keinen Zusammenhang herstellen.

An einem Beispiel aus dem Jahr 2013, wo es um die Auswertung einer Fernsehdiskussion zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück geht, kann man gut erkennen, wie unterschiedlich die Ergebnisse von Statistiken sein können.

Der Pfalz-Express schreibt hierzu:

„Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL gaben in einer Blitzerhebung unmittelbar nach Ende des TV-Duells 44 Prozent der Befragten an, dass die Bundeskanzlerin das 90-minütige Rededuell gewonnen habe. 43 Prozent dagegen sahen SPD-Herausforderer Peer Steinbrück als Sieger.
Laut RTL sei Merkel damit die „hauchdünne“ Siegerin, aufgrund der statistischen Schwankungsbreite dürfte dieses Ergebnis aber als ein Unentschieden zu werten sein.
Die ARD kam zu einem eindeutigeren Ergebnis: Laut einer von Infratest erhobenen Umfrage fanden 44 Prozent Angela Merkel insgesamt überzeugender, 49 Prozent Peer Steinbrück.
Eine Erhebung der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag des ZDF kam zum gegenteiligen Ergebnis: Merkel bekam hier 41 Prozent Zustimmung, Steinbrück nur 33 Prozent, unentschieden waren 26 Prozent der Befragten.
Alle Sender bezeichneten ihre Befragungen als „repräsentativ“ für die Zuschauer des TV-Duells.“

Schaut man sich solch unterschiedlichen Ergebnisse an, kann man sich nur wundern, wie dies überhaupt möglich sein kann. Das Ganze ist möglich, da die Parameter, unter denen die Umfrage vorgenommen wurde, ganz unterschiedlich sein können.

Folgende Informationen (und noch einige mehr) zum richtigen Interpretieren dieser und ähnlicher Statistiken, die uns fehlen, sind:

  • Was für Fragen wurden gestellt, warum wurden diese Fragen so gestellt, wie sie gestellt wurden? Sind die Fragen in einem bestimmten „Framing“ (Rahmen) gestellt worden? (so werden z.B. bei Telefonumfragen Fragen dieser Art gestellt: „Für wie wichtig halten Sie XY?“ Dabei ist schon der Rahmen gesetzt, dass XY irgendwie wichtig ist, etc.)
  • Wieviele Leute wurden befragt? Denn es macht einen Unterschied, ob man 50 oder 5.000 Leute befragt. Je größer die Menge der Befragten ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass alle Meinungsspektren vertreten sind und man ein genaueres Ergebnis bekommt.
  • Welche Leute wurden befragt, bzw. war die Umfrage repräsentativ? D.h., wurde ein guter Querschnitt der Bevölkerung befragt, oder evtl. nur eine bestimmte Gruppe? Es macht einen Unterschied, ob man alte oder junge Leute befragt. Genauso, wie es einen Unteschied macht ob man z.B. Handwerker oder Opernsäger befragt. Um repräsentative Daten zu bekommen müssen also von jeder Gruppe gleich viele befragt worden sein.
  • Waren die Befragten einem Druck ausgesetzt, bestimmte Antworten zu liefern? Z.B. wenn der Chef seine Untergebenen befragt?
  • War die Umfrage anonym?
  • Wie waren die Fragen formuliert? Eindeutig? Waren genug Antwortmöglichkeiten vorhanden, oder nur welche, die bestimmte Schlüsse zulassen?
  • Wann wurden sie befragt? Hat die Befragung nach der Arbeit vor dem Supermarkt stattgefunden, oder wurden die Leute am Wochenende zu Hause angerufen? Sprich, waren sie gestresst oder ausgeglichen, als sie befragt wurden?
  • In welcher Region wurden die Leute befragt? So hat z.B. die ländliche Bevölkerung bei gewissen Dingen eine andere Meinung als die städtische Bevölkerung.
  • Auf welchen Grundgegebenheiten basiert die Statistik? So ist man z.B. in einigen Teilen der Welt erst mit 18 Jahren volljährig, in anderen aber schon mit 16. Somit wird hier ein viel größerer Personenkreis befragt.
  • Handelt es sich um Korrelation oder um Kausalität?
  • Sind die präsentierten Zahlen relativ oder absolut?

Gerade die letzten zwei Punkte sollten etwas näher erläutert werden.

Was ist der Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität?

Von Korrelation spricht man, wenn ein Zusammenhang zwischen zwei Variablen erkennbar ist.

Beispiel: Studien haben ergeben, dass Menschen, die grünen Tee trinken, älter werden.

Ist dies gleichzeitig eine Kausalität?

Nein, da es nicht einwandfrei dem grünen Tee zugeschrieben werden kann, dass die Lebenserwartung steigt. So könnten die Grünteetrinker generell auch mehr Sport treiben, oder auch mehr Meditationsübungen machen und somit ihren Stress reduzieren, was schlussendlich die gesteigerte Lebenserwartung erklärt. Es handelt sich also nur um eine Korrelation.

Kausalität hingegen bedeutet, dass die Änderung einer der Variablen unausweichlich die Änderung der anderen bedingt.

Beispiel: Wenn ich 8 Stunden am Tag schlafe, bin ich 16 Stunden wach. Schlafe ich 10 Stunden am Tag, kann ich folglich nur 14 Stunden wach sein.

Da Korrelation und Kausalität nicht immer leicht auseinander zu halten sind, kommt es demenstprechend häufig zu Fehlinterpretationen.

Beispiel: Donnerstags esse ich immer Lasagne und von Donnerstag auf Freitag schlafe ich immer länger als an den anderen Tagen. Schlafe ich nun also immer länger, wenn ich vorher Lasagne gegessen habe? Wohl kaum, sondern da ich freitags später in die Uni muss, kann ich einfach an diesem Tag länger schlafen. Daran hat der Umstand, dass ich am Abend zuvor eine Lasagne esse, keine Schuld.

Hier noch ein Youtube-Video, zur besseren Veranschaulichung.

Ähnlich schwierig wird es bei absoluten und relativen Zahlen.

Relative Zahlen werden immer in Prozent oder Anteilen angegeben. Eine absolute Zahl ist eine genau feststehender Grundwert.

Beispiel: Hat eine Partei bei Wahlen 70% Stimmen dazugewonnen, so hört sich dies erst einmal nach viel an. Betrachtet man aber die absoluten Zahlen (die Grundwerte), sieht man, dass besagte Partei bei der letzten Wahl 10 Stimmen bekam und nun 17 Stimmen. Nun erscheinen die 70% plötzlich nicht mehr als so viel.

Demenstprechend sollte man Aussagen, die Prozentwerte enthalten, immer erst einmal genauer beleuchten.

Schätzungsweise wird es aber nicht gelingen all die relevanten Informationen zu erhalten, um eine Statistik wirklich richtig interpretieren zu können. Daher ist jedes präsentierte Ergebnis, jeder Umfragewert, erst einmal mit Vorsicht zu genießen, denn er könnte in die Irre leiten.

Dass, und wie, Umfragen gefälscht werden, hat z.B. auch der Spiegel, in einem Artikel von 2018 recherchiert. Aber auch auf der Seite grin.com, findet man weiterführende Informationen.

Als Fazit bleibt wohl nur der Ausspruch: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast!

(Tip der Redaktion: Interessante Beispiele für sog. „Unstatistiken“, die auf verzerrte und reißerische Ergebnisse kommen, kann man auf der Seite des Leibniz-Insititut für Wirtschaftsforschung finden.)