Es wird kälter und regnerischer, der Sommer scheint vorbei zu sein. Ja, es soll geradezu ein massiver Wintereinbruch vor der Tür stehen.
In diesen Tagen keimen die Erinnerungen an den letzten Herbst und Winter auf – und die Erinnerungen an die gesellschaftliche Spaltung, die sie begleiteten.
Kaum ein Tag verging, an dem nicht diverse Poltiker und Medienvertreter sehr forsch Botschaften an die Ungeimpften verkünden. Ein CDU-Politiker meinte, man müsse ihnen klar machen, dass sie „jetzt raus“ seien aus dem gesellschaftlichen Leben. Ein grüner Ministerpräsident fand klare Worte. Der Medienarzt Dr. Hirschhausen bezeichnete sie als „asoziale Trittbrettfahrer“ die „Kinder gefährden“ würden.
Der Youtube-Star Mailab forderte die Bundesregierung auf, ihr Versprechen, dass es keine allgemeine Impfpflicht geben werde, zu brechen. Sarah Bosetti verglich das Ausschließen der Ungeimpften mit einer Blinddarmentfernung.
Auch der amerikanische Präsident hatte einige eisige Worte für die Ungeimpften übrig. Und der neue Gesundheitsminister der BRD prophezeite ihnen, bis zum März 22 „geimpft, genesen oder leider verstorben“ zu sein.
Eine mehr als forsche Werbekampagne für die Impfung, bei der die Bundesregierung Youtube-Influencer engagierte, kam nicht so gut an.
Der Ministerpräsident von Bayern ging schließlich so weit zu verkünden, eine allgemeine Impfpflicht werde die gesellschaftliche Spaltung überwinden.
Dies sind nur einige Beispiele von relativ radikaler Rhetorik gegenüber Ungeimpften im Winter 2021.
Im Herbst 2022 hört man solche Worte nicht mehr. Es gibt auch keine 2G-Regelungen mehr, die Ungeimpfte vom öffentlichen Leben ausschließen. Etwa 18 Millionen Erwachsene in Deutschland haben sich immer noch nicht gegen das Coronavirus impfen lassen .Und auf den Covid-Intensivstationen liegen mehr Geimpfte als Ungeimpfte.
Fast scheint es, als wäre das alles gar nicht passiert. Aber nur fast. Noch immer gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht, obwohl sich sehr viele Politiker für eine Abschaffung derselben ausgesprochen haben. Tausende Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, haben ihren Arbeitsplatz verloren, durchaus nicht nur im Gesundheitsbereich, da andere Branchen zwar keine offizielle Impfpflicht einführen konnten, aber schon einen starken Impfdruck auf ihre Mitarbeiter ausgeübt haben – bis hin zur Kündigung von Impfverweigerern und zum Boykott von Läden mit ungeimpften Besitzern.
Auf der anderen Seite gibt es ebenfalls tausende Menschen, die sich haben impfen lassen, weil der gesellschaftliche, mediale und politische Druck oder der von Familie, Freunden und Bekannten zu groß wurde und nicht, weil sie es wollten.
Aus „vertrauen Sie der Wissenschaft“ wurde „wenn Sie sich impfen lassen, gibt es eine Bratwurst (einen Puffbesuch) gratis“ wurde „wenn Sie sich nicht impfen lassen, sind Sie eine Gefahr für andere“ wurde der „Lockdown für Ungeimpfte“.
Seit Anfang 2022 ist die Impfkampagne in Deutschland mehr oder weniger stehen geblieben. Nun gibt es die neuen Impfstoffe gegen die Omikron-Variante, übrigens auch mRNA Impfstoffe.
Wird man diese neuen Impfstoffe genauso offensiv anpreisen und eine Verweigerung, sich mit ihnen behandeln zu lassen, genauso gnadenlos richten, wie man es im letzten Jahr mit den alten Impfstoffen gemacht hat?
Oder ist das bei weitgehender Immunität und kaum wahrnehmbaren Covid-Intensivgeschehen in den Krankenhäusern so nicht mehr möglich?